Der Großteil der Arten hat angeblich bereits Plastik in den Gedärmen.
Bereits fast 60 Prozent aller Seevögel weisen Plastik im Darm auf.
Bis 2050 könnten 99 Prozent aller Seevögel betroffen sein.
Archiv des Autors: Hermann Huemer
Wenn die Großen die Kleinen fressen
Welcher Boss hat nicht gern den besten aller Bewerber. Aber kann das Unternehmen auch noch in einem Jahr die Rahmenbedingungen bieten, die ein Highpotential für eine gesunde Entwicklung braucht? Was tun, wenn sich ein Mitarbeiter über alle Erwartungen entwickelt?
Der Skalar wird bis zu 15 cm groß und hat dann einen entsprechenden Appetit. Wenn er beginnt, die kleinen Fische wie Neons, die es ja in jedem Gesellschaftsbecken auch gibt, zu verspeisen, dauert es nicht mehr lange, bis sich der Boss von seinem Favoriten um sein Investment gebracht fühlt. Davon abgesehen fühlen andere Beckengenossen sich nicht unbedingt zu Höchstleistungen angespornt, sondern vielmehr in ihrer Existenz bedroht. Das schränkt wiederum ihre Produktivität ein.
Die Ursache für dysfunktionale Teams liegt allzu oft in Personalfehlentscheidungen, die außerhalb des Teams und vielleicht lange in der Vergangenheit getroffen wurden.
Grenzflächen
In den wenigsten Fällen kann der Aquarien-Manager physisch in seine Unterwasserwelt eintauchen. Vielmehr bleibt er aus diesem Wasserkörper, auf den sich doch sein ganzes Interesse bezieht, ausgesperrt. Nun sollte das nicht weiter schlimm sein, seit es Vollglas-Aquarien gibt. Im Gegenteil, kann man doch durch die Glaswand ebenso gut sehen wie durch das Wasser, ohne dabei nass zu werden. Allerdings vergisst man leicht, dass man durch Grenzflächen zwischen Luft-Glas und Glas-Wasser in sein System blickt. So ist es schwierig, Abstände (zwischen zu setzenden Pflanzen, zur Vorderwand usw.) oder auch den Anstieg des Bodengrundes richtig einzuschätzen, egal aus welchem Winkel man hineinschaut.
Daraus lernen wir vor allem eins: Nichts ist exakt so, wie es von außen erscheint. Vieles stellt sich einem Außenstehenden grundsätzlich anders dar, selbst wenn sich dieser gar nicht als außenstehend begreift. Unsichtbare Grenzen zwischen Abteilungen, Teams oder Stockwerken können den Blick eines Managers stärker verzerren oder trüben, als es die Lichtbrechung an der Aquarien-Wand vermag.
Lebende Systeme haben keine Stellschrauben
Ein Aquarium ist ein lebendes System. Damit zeichnet es sich nicht nur durch seine Komponenten und deren Interaktionen/Prozesse aus, sondern auch durch ein gewisses Eigenleben. Seine Komponenten können leicht abgezählt, gemessen, bewertet und beschrieben werden. Denn jeder Fisch, jede Pflanze und jeder Einrichtungsgegenstand wurden absichtlich in das Becken eingesetzt. (Fortpflanzung ist ein anderes Thema.) Und doch spiegelt ihre Summe das Ganze nur ungenügend wider.
In ähnlicher Weise verfügt jedes Unternehmen mit mehr als zwei Personen über ein Verzeichnis an Mitarbeitern (Organigramm) und an Inventar (Anlagespiegel), die irgendwann intentional eingestellt bzw. angeschafft wurden, (Warum werden Mitarbeiter „eingestellt“, obwohl sie die meiste Zeit sitzen, Fische aber „eingesetzt“, obwohl sie stets in Bewegung sind?) sowie an mehr oder minder detaillierten Prozesshandbüchern, Strategiepapieren, Mission Statements und Zieldefinitionen. Und doch sieht auch dort die Realität meist anders aus als auf dem Papier.
Ich erinnere mich noch genau an meinen ersten Bepflanzungsplan. Auch die Fische wurden nach strengen Kriterien (eines Südamerika-Beckens) ausgewählt und nach Plan eingesetzt. Mein System-Wissen stammte aus der Fachliteratur ebenso wie aus zahllosen Ratschlägen, Best Practices und ebenso viel Aquarianer-Latein aus dem Internet und seinen einschlägigen Foren.
Wie es in jedem gut gemanagten und qualitätsgesicherten Unternehmen dicke Prozesshandbücher gibt, so gibt es auch für Aquarianer dicke Handbücher über chemische, physikalische und biologische Prozesse im Tank bis hin zu den Verhaltensweisen seiner Insassen.
Heute stellt sich mir die Frage, warum mein Becken, das immer noch ein Südamerikabecken ist, so gänzlich anders aussieht als geplant. Was habe ich falsch gemacht?
Zur Entwarnung: All die schlauen Überlegungen waren schon richtig – und auch notwendig, um gröbere Rüchschläge oder Fehlschläge zu vermeiden. (Ich hatte bisher weder ein Fischsterben, noch einen gröberen Schädlingsbefall.) Wenn da nicht noch etwas wäre. Dieses Etwas betrifft das Leben im „System“. Offensichtlich lässt sich Leben zwar als allgemeines Phänomen, recht gut beschreiben und auch steuern, nicht aber in individuellen Fällen. Eine gewisse Variationsbreite, in der selbst ein Fisch über einen Handlungsspielraum verfügt, potenziert sich mit jeder zusätzlichen Systemkomponente und lässt selbst ein kleines Aquarium (bzw. diese ganz besonders leicht) sehr rasch unberechenbar und somit unplanbar werden. Als Aquarium-Manager ist man gut beraten, wenn man seine Nase ganz nahe an der Frontscheibe hat und aufmerksam beobachtet, was dahinter gespielt wird oder auch gespielt werden möchte. Nur wer sich selbst als Komponente dieses lebenden Systems begreift, kann seinen Beitrag für die langfristige Stabilität des Systems leisten. Darüber hinaus regelt sich das System selbst. Selbst mit den Algen ist mein Aquarium bisher gut zurecht gekommen.
Wie lange werden Ihre neuen Mitarbeiter eingeschult?
Im Englischen gibt es den äußerst passenden Ausdruck „thrown in at the deep end“. Der unbestreitbare Vorteil dieser „Methode“ besteht darin, dass man in kürzester Zeit weiss, ob der neue Mitarbeiter schwimmen kann oder ertrinkt. Es muss allerdings nicht immer ein Vorteil für das Unternehmen sein, wenn alle, die nicht sofort schwimmen können, sofort ertrinken.
Im Aquarium liegt es in der Natur der Insassen, dass sie schwimmen können. Und dennoch brauchen sie eine Eingewöhnungszeit. Fische müssen sich langsam an die chemische Zusammensetzung des Wassers (Härte, Säure etc.) und die Temperatur gewöhnen. Im Normalfall geht das binnen einer halben Stunde, unter weniger idealen Bedingungen kann es auch Tage dauern. Aber auch das soziale Umfeld und die fremde Umgebung können Stress verursachen, auf den die Neuankömmlinge mit Aggressivität, mit Angst oder Futterverweigerung reagieren können. Auf keinen Fall darf man in dieser Phase normales Verhalten erwarten.
Neue Pflanzen sind diesbezüglich noch anspruchsvoller. Zwar reagieren sie viel weniger empfindlich auf unterschiedliche Wassertemperatur und -chemie, dafür leiden sie über Tage oder Wochen an den veränderten Lichtverhältnissen. Wenn es ihnen gar nicht passt, verkümmern oder veralgen sie. Hinzu kommt, dass sie sich ihren Standort nicht aussuchen können.
Womit wir wieder bei unseren neuen Mitarbeitern sind. Auch sie können sich in der Regel ihre Rahmenbedingungen nicht aussuchen. Sie bekommen jenes Zimmer oder jenen Schreibtisch, den niemand sonst haben will, der also gerade frei ist. Sie übernehmen den alten PC ihres Vorgängers. Neue Möbel stehen nur den höheren Rängen zu. Zuerst müssen erste Ergebnisse geliefert werden, bevor sie Ansprüche stellen dürfen. Ausnahmen sind natürlich jene neuen Kollegen, die schon aufgrund ihres Namens ein gewisses Naheverhältnis zum Chef nicht leugnen können.
Die Unternehmenskultur, aber auch wichtige Unternehmensprozesse lernt der Neue meist im Selbststudium kennen. Kultur und Prozesse sind für die Alteingesessenen, insbesondere für Vorgesetzte längst selbstverständlich geworden und in „tacit knowledge“ übergegangen. Eine häufige Antwort auf die Frage nach dem WIE und WER lautet: „Ich habe das auch alles selbst herausfinden müssen. Mir hat das auch niemand gezeigt.“ Gemeint ist damit natürlich: „Mein Wissen ist meine Macht. Warum soll ausgerechnet ich diese mit jemandem teilen!“ Versuch und Irrtum als didaktisches Konzept waren vermutlich nur im Krabbelalter von ähnlicher Bedeutung.
Und noch ein Aspekt erscheint erwähnenswert: Der besonders vorsichtige Aquarianer hält neue Fische zuerst mehrere Wochen im Quarantänebecken unter Beobachtung, um sich bloss keine Krankheiten einzuschleppen. Im Unternehmen hingegen sind sich selbst überlassene Neulinge besonders gefährdet, sich mit dem Unternehmensvirus zu infizieren, der rasch zu Demotivation, innerer Kündigung oder in den Krankenstand führen kann.