Mythen aus der Hobbyliteratur

Wenn Autoren komplexe Zusammenhänge allzu simpel darstellen oder unzulässige Vereinfachungen vornehmen oder Leser die Zusammenhänge falsch interpretieren und falsche Schlüsse ziehen (vorzugsweise in der Einsteigerliteratur), können sich daraus moderne Mythen bilden.

Durch wiederholtes Zusammenfassen von Zusammenfassungen gehen Zusammenhänge oder ursprüngliche Intentionen verloren oder werden durch andere Kontexte ersetzt. Was ursprünglich für  Pflanzen- oder Meerwasseraquarien gedacht war, wird plötzlich für alle Aquarien verallgemeinert.

Der Stand der Technik ändert sich laufend, ohne in den Hobby-Sachbüchern immer sofort gebührende Berücksichtigung zu finden.

Jede Zeit hat ihre Wahrheiten, die auf dem jeweiligen Erkenntnisstand beruhen. Erst aus dem Vergleich mehrerer Quellen nähert man sich der gesuchten Wahrheit an.

Auch Experten können unterschiedliche, manchmal sich widersprechende Meinungen haben.

Buchautoren verstehen mitunter mehr vom Fotografieren als von den fotografierten Objekten. Dann gerät der Text zum dekorativen Beiwerk.

Qualitätsgesicherte Informationen in Fachbüchern und Fachzeitschriften, jedoch kaum auf Youtube oder kommerziellen Produktseiten sind teuer und für Laien ohne wissenschaftliche Vorkenntnisse oft kaum zu verstehen. Daher finden sie nur langsam den Weg zu den Anwendern. Hier sind Vereine und Fachgesellschaften, aber auch der Zoofachhandel gefordert, Übersetzungsarbeit zu leisten. Die Aquarianer sind gefordert, diese Informationen auch nachzufragen.

Mythen aus dem Hobby – Aquarianer Latein

So mancher „Geheimtipp“ von Aquarianern beruht in Wirklichkeit nur auf anekdotischen Beobachtungen, Meinungen oder Traditionen, nicht auf überprüfbaren Daten oder Fakten. Sie müssen daher in das Reich der aquaristischen Mythen („Aquarianer-Latein“) verwiesen werden.

Auch Verkaufspersonal hat mitunter zwar viel praktisches Wissen über seine Produkte, jedoch wenig Verständnis für die wissenschaftlichen Zusammenhänge und Hintergründe. Denn Verkäufer sind in der Regel keine Wissenschaftler und können selber Mythen und Werbung aufsitzen wie ihre Kunden. Primär sind sie Verkäufer mit dem Ziel Umsätze zu machen. Ausnahmen sind goldeswert (für ihre Kunden).

Mythen verbreiten sich häufig über Mundpropaganda. Doch das beste Medium dafür bietet heute das Internet mit seinen „social media“. Im Internet kann sich jeder selber zum Experten erklären und Anekdoten, Meinungen, Werbesprüche oder Glaubenssätze und Bauernregeln ohne Quellen oder Belege präsentieren. Die vielen in Umlauf befindlichen Kopien und Versionen scheinen sich gegenseitig zu bestätigen und erwecken den Eindruck der Wahrheit und Glaubwürdigkeit. Doch gut gemeinte Ratschläge von Online-Freunden sind oft das Gegenteil von gut. Diese Erfahrung kann jeder besonders in den sozialen Medien des Internet machen, der dort auf jede Frage eine einfache Antwort per Mausklick erwartet.

(a) Warum glauben soviele Hobbyisten, was sie nicht beurteilen können? Dazu ein chinesisches Sprichwort:

Three men make a tiger.

Wenn eine Person behauptet, auf einem belebten Markt einen Tiger gesehen zu haben, wird man sie für verrückt halten.

Wenn zwei Personen behaupten, auf einem belebten Markt einen Tiger gesehen zu haben, wird man sich darüber wundern.

Wenn drei Personen behaupten, auf einem belebten Markt einen Tiger gesehen zu haben, so wird man ihnen glauben, selbst wenn dort ein Tiger völlig absurd wäre.

D.h.: Wenn eine absurde Information („Urban Legend„) von genügend vielen Personen wiederholt und bestätigt wird, vertraut man ihr.

Neue Erkenntnisse werden oft mit mehr Skepsis aufgenommen als alte Mythen, auch dann, wenn die Beweis- und Faktenlage gegen die Mythen spricht. („Das haben wir immer so gemacht.“) Dementsprechend dauert es mitunter lange, bis ein Mythos flächendeckend als solcher enttarnt/akzeptiert ist.

(b) Warum beharren („persevere“) soviele Hobbyisten auf falsche Annahmen, obwohl sie eines besseren belehrt werden?

Believe Perseverence Effect

Belief perseverance effect” says that if someone buys something, and especially if someone pays a lot of money for that something, even when presented with evidence they made their purchase in error, a normal person will rationalize and support their own decision. There is no way any evidence, testing or science can penetrate the walls that the belief perseverance effect puts up. So we won’t try.

Dennoch versucht nicht nur David Bogert, sondern eine kleine Schar kritischer Aquarianer den Fakten im Hobby zum Durchbruch zu verhelfen – im Sinne von Aufklärung für mündige Konsumenten und für glückliche Tiere in unseren Aquarien.

Zahlreiche Anregungen zum Buch entstammen solchen Seiten wie zum Beispiel von „Aquaristik ohne Geheimnisse„, „Afizucht Praktische Aquaristik und Zierfischzucht“ oder „Aquarium Science – The Science of Aquariums„.