Schwarmverhalten und Team Building

Soziologisch betrachtet lassen sich Fische nach ihrem Teamverhalten unterscheiden:
Da gibt es zum einen Schwarmfische, zum anderen paarbildende, aber auch Individualisten bis hin zu echten Einzelgängern.

Schwarmfische zeigen nur geringe Geschlechtsunterschiede. Entsprechend bilden sie keine Familien und kümmern sich nicht um den Nachwuchs. Anstatt dessen wird massenhaft in das freie Wasser oder im Pflanzendickicht abgelaicht. Sie betrachten die Eier und Larven – auch die eigenen – als Lebendfutter. Die überlebenden Jungen wachsen bereits im anonymen Schwarm auf. Sie erhalten keine Einschulung. Es genügt, wenn sie sich Schwarm-konform verhalten. Jedes Abweichen führt regelmäßig in den Tod bzw. in den Magen eines größeren Fisches.

Studien haben gezeigt, dass die optimale Schwarmintelligenz bei ca. 15 Mitgliedern erreicht wird und dann nicht mehr weiter zunimmt (z. B. wenn es um das Auffinden von Futter geht). Dies wird damit erklärt, dass jeder Fisch stets das Verhalten seiner nächsten Nachbarn im Auge hat, dabei aber nur eine bestimmte begrenzte Anzahl überblicken kann.

Daraus lässt sich ableiten, dass überbesetzte Teams keine merkliche Effizienzsteigerung erreichen können.

Umgekehrt kann beobachtet werden, dass in unterbesetzten Schwärmen nicht nur der gemeinsame Output sinkt, sondern auch die Aggression untereinander steigt. Letzteres wird damit erklärt, dass sich die Tiere persönlich kennenlernen und folglich rasch die Flausen und Macken jedes einzelnen bekannt sind. Es kommt zur Ausbildung einer Hierarchie mit Hackordnung, sobald einer (meist ein dominantes Männchen oder Pärchen) über die anderen bestimmen will, oder zumindest sich gegenüber den anderen Privilegien herausnimmt (z.B. das Recht auf den ersten Wurm oder auf das schönste Weibchen).

Wenn Hierarchie also nicht der effizienten Weitergabe von Information zwecks rascher Entscheidungsfindung dient, führt sie zu Machtkämpfen, Vergeudung von Ressourcen und Talenten; aus Führern und Geführten werden leicht Herrscher und Untergebene. Bei Cichliden kann beobachtet werden, dass unterlegene Männchen Farb- und Verhaltensmuster wie Weibchen ausbilden, um den Aggressionen des herrschenden Männchens zu entgehen. Natürlich scheiden solche Männchen auch für die Zucht aus. Sie gaukeln nur dem Führer (und dem ungeübten Züchter) einen großen Harem vor.

  • Überbesetzte Teams zerfallen in Untergruppen, die oft eher miteinander konkurrieren als kooperieren. Im besten Fall behindern sie sich gegenseitig nicht.
  • Unterbesetzte Teams tendieren zu überdimensionierten Machtstrukturen, die dem Machterhalt einzelner und der Kontrolle von Aggressionen dienen. Ihre Mitglieder kennen sich auf der persönlichen Ebene. Es gibt keine Rückzugsmöglichkeiten, keine Freiräume (auch nicht für neue Ideen). Diversity (im Sinne von Abweichungen vom Norm-Verhalten) wird geahndet, da sie nicht „von oben“ gesteuert werden kann und somit das Entscheidungsmonopol infrage stellt bzw. mit Gegenmeinungen provoziert.

Schwarmfische in meinem Aquarium:

  • Hemigrammus bleheri lebt aktiv im Schwarm. Er schwimmt gerne in Formation, wenn es die Länge des Beckens zulässt.
  • Paracheirodon axelrodi profitiert nur vom Schutz, den der Schwarm bietet, hält aber stets einen Respektabstand zu seinen Artgenossen. Ein Mindestabstand wird auch verteidigt, wenn einmal ein Artgenosse zu nahe kommt.
    Paracheirodon axelrodi

 

 

 

 

 

 

 

  • Hyphessobrycon megalopterus
    Hyphessobrycon megalopterus